Evangelisches Profil

Die evangelischen Schulen in Sachsen setzen für Ihre Ausrichtung das Motto
"Hauptfach Mensch" als Maßstab. Doch was heißt das?

Bildungsverständnis aus ev. Perspektive

Das evangelische Profil beschreibt Wege, wie aus evangelischem Glauben heraus gute Schule gestaltet werden kann.

Was die evangelischen Schulen eint, ist ihre Vielfalt in den pädagogischen Konzepten sowie die gemeinsame und verbindende Überzeugung, dass evangelische Schulen Wohlfühl- und Lernorte lebendigen Glaubens sind. Deshalb wurden die Gemeinsamkeiten in einem Orientierungsrahmen für die Ev. Schulen in Sachsen zusammengefasst.

Alle an Schule Beteiligten werden – unabhängig ihrer Konfession – als einzigartige Menschen wahr- und angenommen. Alle werden mit ihren Stärken und Schwächen gesehen und sind genau mit dem, was sie mitbringen, aufgefordert, sich in die Gemeinschaft einzubringen – „HAUPTFACH: MENSCH“ eben.

Die Gottesebenbildlichkeit des Menschen, das Liebesgebot und die Freiheit durch das Evangelium bilden die theologische Mitte.

Ein wichtiges Anliegen ist dabei, dass möglichst vielen Kindern und Jugendlichen die Teilhabe an schulischer Bildung gelingen kann. So ist der Abbau sämtlicher gesellschaftlicher Barrieren ein wichtiges Anliegen. Lernende sollen bei ihren individuellen Lernständen abgeholt und gemäß ihrer Lerngeschwindigkeiten gefördert werden. Dem Einzelnen soll demnach die Aufmerksamkeit und Chance zukommen, sich in heterogenen Lerngruppen selbst bestmöglich entfalten zu können.

Lernende sind dabei alle an Schule Beteiligte, also auch Lehrkräfte und Führungspersonal. Denn niemand lernt aus.

Jeder Mensch ist Ebenbild Gottes

Gott hat den Menschen als sein Ebenbild geschaffen. Nach diesem biblischen Verständnis wird jeder Heranwachsende an evangelischen Schulen – unabhängig von äußeren oder inneren Eigenschaften - mit seinen Stärken und Schwächen angenommen und akzeptiert.

Wertschätzung von Vielfalt

Aus der Achtung der Einzigartigkeit jedes Schülers oder Mitarbeitenden leitet es sich ab, dass jeder Persönlichkeit Raum zur eigenen Entfaltung gegeben werden muss. Dadurch entsteht automatisch eine große Vielfalt von Menschen, die sich gegenseitig bereichern können. Wenn man diese wertschätzt und respektiert.

Der Mensch braucht Gemeinschaft

Als soziales Wesen soll der einzelne Mensch sich bei aller persönlichen Selbstentfaltung nicht um sich selbst drehen, sondern als Teil der Gesellschaft sich in Gruppen und Gemeinschaften einbringen. Dadurch erfährt er das Gefühl, gebraucht zu werden

Verantwortung übernehmen für Mitmenschen und Umwelt

Nach biblischem Verständnis gibt Gott dem Menschen den Auftrag, sich um seine Schöpfung zu kümmern, sie zu pflegen und zu bewahren. Neben der Umwelt gehört hierzu also auch der Mitmensch, der durch das Gebot der Nächstenliebe nicht aus dem Blick fallen darf.

Schulkultur des Vertrauens

Wenn junge Menschen die Chance auf freie Entfaltung haben sollen, so müssen Erwachsene und Fürsorgebeauftragte ihnen vertrauen, dass sie mit dieser Freiheit von Entscheidungen umgehen können. Obwohl sie auf dem Weg ihrer Entwicklung Fehler machen, so darf man überzeugt sein, dass sie aufgrund ihres gesunden Werteverständnisses das Ziel verantwortungsvollen Handels erreichen.

Schule als lernende Organisation in einer sich wandelnden Gesellschaft

Evangelische Schule ist nicht von gestern. Sie begreift sich als wandelbare Organisation, weil alle an ihr Beteiligten in ihrem Selbstverständnis und damit sie selbst lernfähig sind. Damit sind wichtige Fortschritte beispielsweise bei der Entwicklung digital unterstützter Unterrichtsangebote möglich.

Fehler sind wertvoll für einen Neustart

Die Heranwachsenden - und auch die Mitarbeitenden - dürfen die eigene Unvollkommenheit erkennen, Fehler einsehen und damit erleben, dass aus diesen Neues erlernt werden kann. So erfahren sie, demütig auf sich selbst und nach kritischem Hinterfragen des eigenen Handelns auch wieder selbstbewusst nach vorn schauen zu können.

Schule als Ort lebendigen Glaubens

Evangelische Schulen unterrichten auf dem neuesten Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse. Dennoch darf Gott in der Schule einen Platz haben. Seine ordnende Hand hinter allen evolutionären Prozessen, seine Anwesenheit in der Beziehung zwischen Menschen widerspricht keiner bisherigen Forschung. Schüler und Mitarbeitende dürfen in Andachten, Gebeten, Schulgottesdiensten und anderen freiwilligen Formen innere Ruhe und Kraft für den Alltag finden – wenn sie dies möchten. 

Leistung ist nicht alles, aber etwas

Höher, schneller, weiter. Leistungsdenken ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Evangelische Schulen wollen gute Bildung vermitteln, können sich der Leistungsbewertung nicht entziehen. Wer aber keine guten Zensuren hat, ist deshalb noch lange nicht weniger wert. Daher rücken evangelische Schulen neben Noten und Zeugnissen soziales Engagement für Schule und Gesellschaft in den Fokus. Und auch wer genug mit eigenen Problemen beschäftigt ist, ist ein von Gott geliebtes Geschöpf.       

Jeder Mensch ist wertvoll

Jesus hat sich allen Menschen zugewandt, Grenzen des in seiner Zeit üblichen Umgangs gesprengt. Kinder, Arme, Kranke, Gelähmte, Blinde, Aussätzige – Gottes Sohn hat sich nicht im Blitzlicht von Stars mitgesonnt, er ging dahin, wohin sonst keiner ging. Sein Ziel war es, Schwächere stärker zu machen. Evangelische Schule soll deshalb eine ähnliche Absicht haben. Jeder Schüler ist wertvoll und soll deshalb mit individueller Bildung stärker gemacht werden. Ihre Aufmerksamkeit und Anstrengung gilt genau denen, welche es in herkömmlichen Schulen besonders schwer hätten.    

Glaubensrituale

Eine Besonderheit im evangelischen Profil sind freiwillige Rituale, die die Schulen über das ganze Schuljahr begleiten.

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Morgenkreis

In vielen unserer Schulen gibt es Klassenleiterstunden, in welchen zum Beispiel am Montag die neue Woche mit einem Morgenkreis begonnen wird. Die Heranwachsenden können dabei erzählen, was sie am Wochenende gemacht haben, was ihnen auf dem Herzen liegt. Teilweise wird auch gebetet. Mit diesen Gesprächsritualen werden Klassen- und Schulgemeinschaft gestärkt. 

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Schulandachten / Gottesdienst

Ein Teil unserer Schulen verfügt über moderne Andachtsräume, in denen sich Schüler auch allein zurückziehen können. Anderenorts finden gemeinsame Andachten mit der gesamten Schule in der Aula statt. Zusammen gestalten Schüler*innen und Lehrkräfte auch Schulgottesdienste in der Ortskirche, in der Regel zu kirchen- und schuljahresbezogenen Anlässen wie zum Beispiel Schuljahresbeginn, Erntedank, St. Martin, in der Advents- oder Weihnachtszeit, zu Aschermittwoch, Ostern, Pfingsten oder Schuljahresabschluss.

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Lernen, offene Gespräche mit Gott zu führen

Beten ist ein schwieriges Wort. Denn je nach Vorkenntnissen oder der eigenen Praxis kommt es dem Gegenüber auch mal komisch vor. Evangelische Schulen möchten den Heranwachsenden die Möglichkeit bieten, ihren eigenen Weg zu finden, mit Gott zu sprechen. Beten ist insofern nichts anderes als ein offenes Gespräch mit Gott.

Als Schulgemeinde leben und lernen Christ*innen und Nicht-Christ*innen in einer evangelischen Schule miteinander. Vor allem die Kinder und Jugendlichen aus nichtchristlicher Sozialisation erleben nur dort oder da zum ersten Mal kirchliches Handeln. Das Bild von Kirche wird dabei geprägt. Für sie bildet die Schulgemeinde gewissermaßen die Kirchgemeinde. Zudem werden Jugendliche (und deren Familien) an Werte und Inhalte des christlichen Glaubens und an Rituale (zum Beispiel den beschützenden Segen Gottes) herangeführt.

Wir unterstützen das Netzwerk der evangelischen Schulen   

Durch die Schulstiftung werden die 92 vielfältigen Evangelischen Schulen verbunden – und das quer über alle Hierarchieebenen hinweg.

Im Einführungskurs „Neu an einer ev. Schule“ setzen sich alle, aber gerade konfessionell nicht gebundene Lehrkräfte mit dem Wesen evangelischer Bildung aktiv auseinander.

Genauso gibt es Schulleiter- und Geschäftsführer-Treffen mit Vertreter*innen der Schulträger sowie Konferenzen der Religionsfachlehrer*innen.

Viele Seminarangebote beschäftigen sich mit der Auseinandersetzung, wie sich Digitalisierung und das evangelische Profil in der Praxis bestmöglich umsetzen lassen: Wie erhalte ich Beziehung mithilfe digitaler Lernangebote? Wie ermöglicht Schule mithilfe digitaler Angebote mehr Teilhabe und Nachteilsausgleiche für benachteiligte Kinder und Jugendliche?

Hierzu finden regelmäßig praxisorientierte Online-Seminare, Fachtage und regionale Treffen statt.